Der in Vernehmlassung befindliche Entwurf eines Partizipationsgesetzes ist für die LDP Basel-Stadt vor allem eines: eine komplette Enttäuschung. Statt mit der Konkretisierung des § 55 der Kantonsverfassung auf Gesetzesebene die Mitwirkung der betroffenen Anwohnerschaft bei staatlichen Projekten zu verbessern, wird die heute oft für Frustrationen sorgende Praxis zementiert oder gar «verschlimmbessert». Die LDP fordert, dass dieser ungenügende Entwurf zurückgezogen und durch eine Vorlage ersetzt wird, welches eine echte Mitwirkung der Betroffenen auf Augenhöhe mit der Verwaltung ermöglicht.
Durch § 55 der Kantonsverfassung sind die Behörden zur Anhörung der örtlichen Bevölkerung verpflichtet, wenn diese bei Projekten besonders betroffen ist. Dieser «Mitwirkungsparagraf» hat in der Vergangenheit für viel Verdruss und Frustration bei Herrn und Frau Basler gesorgt, weil ihre Mitwirkungsanstrengungen wirkungslos blieben. Die Teilnehmenden opferten viel Zeit und Herzblut, um ihre Erwartungen zu erläutern und Verbesserungen beizusteuern. Die Mitarbeitenden der Verwaltung reagierten oft mit der Erklärung, man könne diese Vorschläge leider nicht berücksichtigen; das Projekt wurde dann genauso realisiert, wie ursprünglich vorgestellt. Die engagierte Anwohnerschaft fühlte sich oft hintergangen und frustriert und schied aus dem Prozess aus. Der leidige Satz «Die da oben machen doch, was sie wollen» fiel allzu oft. Als Reaktion auf diesen unbefriedigenden Zustand überwies der Grosse Rat denn auch eine Motion mit der Forderung, der Regierungsrat solle ein Gesetz vorlegen, welches den Mitwirkungsprozess klar definiert und für die betroffene Bevölkerung transparenter und wirkungsvoller macht.
Die LDP hätte sich gewünscht, dass diese Konkretisierung auf Gesetzesebene nun eine Verbesserung bringt. Der hier zur Vernehmlassung stehende Entwurf enttäuscht diese Erwartungen nahezu vollumfänglich. Das fängt schon mit dem Namen an. Der Entwurf ist mit dem Begriff „Partizipationsgesetz“ überschrieben und nicht etwa – was naheliegend wäre – mit „Mitwirkungsgesetz“. Dass dies keineswegs nur semantisch ist, verdeutlichen die Erläuterungen des Berichts: Partizipation sei „offener und löst weniger falsche Erwartungen aus“. Schon diese Begründung legt offen, dass das Gesetz nicht etwa die Mitwirkung der Bevölkerung verbessern soll. Vielmehr soll der heutigen Zustand zementieren werden. Betroffene Bürger sollen zwar angehört werden, Verwaltung und Regierung machen dann aber das, was sie ursprünglich geplant hatten.
Wie „ernst“ es dem Regierungsrat ist, eine Mitwirkung der betroffenen Bevölkerung auf Augenhöhe zuzulassen, zeigt sich ebenfalls im erläuternden Bericht: „Zukünftig soll nur noch im Fall, dass das Vorhaben nicht bereits in der Jahresplanung der Behörden berücksichtigt wurde, ein Antrag auf Durchführung einer Partizipation gestellt werden können.“ Damit kann die Verwaltung also jedes Thema der Partizipation entziehen, indem es in die behördliche Planung – bei der die Bevölkerung nicht mitzureden hat – aufgenommen wird. Diese Einschränkung ist weder durch Wortlaut noch durch Auslegung des § 55 KV gedeckt. Ebenso wenig wird der Auftrag der Verfassung erfüllt, wenn in der Erläuterung apodiktisch festgehalten wird: „Die Entscheidungshoheit über die Durchführung einer Partizipation liegt bei der für das Vorhaben zuständigen Behörde.“ § 55 unserer Kantonsverfassung regelt aber klar: „Der Staat bezieht die Quartierbevölkerung in seine Meinungs- und Willensbildung ein, sofern ihre Belange besonders betroffen sind.“ Es handelt sich also keineswegs um eine „Kann-Formel“ je nach Gusto der Behörden, sondern um eine Pflicht, die nicht auf dem Gesetzesweg eingeschränkt werden kann.
Man spürt in den Erläuterungen die – auch sonst immer stärker feststellbare – Tendenz der Verwaltung, sich nicht direkt mit Bedürfnissen der Bürger auseinanderzusetzen zu wollen, sondern die Quartierorganisationen – speziell die staatlich alimentierten Quartier- und Stadtteilsekretariate – quasi als „Filter“ einzusetzen. Dies erscheint der LDP gerade hier falsch. Wenn sich die Anwohnerschaft mit einem Projekt direkt in ihrer Umgebung auseinandersetzen will, finden sich Betroffenheit und Sachkenntnis bei den einzelnen Personen, die meist nicht in Quartierorganisationen vertreten sind. Zudem zeigte sich in der Vergangenheit immer wieder, dass die staatlaichen Quartierorganisationen nicht – wie vorgeschrieben – politisch neutral agieren.
Das vorgeschlagene Gesetz erfüllt den geforderten Zweck nach Überzeugung der LDP nicht. Es braucht ein Gesetz, welches von der staatlichen Bereitschaft durchdrungen ist, Wünsche und Anregungen der betroffenen Bevölkerung ergebnisoffen und auf Augenhöhe entgegenzunehmen und auch in die Planung einfliessen zu lassen. Dies ist beim vorliegenden Entwurf in keiner Weise erkennbar. Deshalb fordert die LDP die Rücknahme des Entwurfes und die Ausarbeitung einer neuen Vorlage, welche den Bedenken der LDP und derjenigen anderer Organisationen, Rechnung trägt.